Mittwoch, 1. November 2017

Zu Hause in Indien

Auch wenn mein letzter Artikel eher nach Urlaub klang, arbeite ich hier an fünf Tagen in der Woche. Vor allem im Oktober gab es eine Menge zu tun. Das lag unter anderem an den in diesem Monat stattfindenden Deutschprüfungen. Andererseits musste aber auch das 2. Deutschcamp für Schüler vorbereitet werden.


Nachhilfe
Im Alltag lief natürlich alles parallel. Aber hier beginne ich einfach mal mit der Nachhilfe. Das ist nämlich der Part, bei dem Sophia und ich helfen konnten, die Deutschprüfungen vorzubereiten. Und zwar haben wir ganz spontan angeboten, dass jeder, der noch Fragen hat, während der Mittagspause zu uns kommen kann. Begonnen haben wir am Dienstag. Da ist aber keiner gekommen. Am Mittwoch waren immerhin ein paar Leute da. Und am Donnerstag und Freitag hatten wir Probleme passende Räume und eine sinnvolle Aufteilung zu finden. Das hat uns einerseits gefreut, andererseits war es aber auch etwas schwierig. Wir wollten schließlich keinen Frontalunterricht machen (ich für meinen Teil kann das auch gar nicht), sondern Fragen beantworten und einfach auf Deutsch reden, damit die Prüflinge für die mündliche Prüfung Routine bekommen. Das Schöne daran war, dass ich die Themen ein bisschen steuern konnte. Und so habe ich viel nach Freizeitaktivitäten und Feiertage gefragt - also Dinge, die mich interessieren.

Mein Literatur-Workshop
Im Schul-Camp sollte es diesmal vier Workshops und vier Gruppen geben. Das heißt, jede Gruppe darf einmal in jeden Workshop. Ich wollte in meinem Workshop über möglichst aktuelle Kinderbücher sprechen. Das Problem: Jurastudium hin oder her, aber ich hatte trotzdem keine Ahnung, was man in Indien in so einem Rahmen benutzen darf und was nicht. Und so richtig sicher bin ich mir immer noch nicht. Also habe ich einige Verlage angeschrieben und habe parallel nach urheberrechtsfreien Sachen gesucht. Ergebnis: Ich habe Biene Maya gelesen. Auch als Buch sehr schön, aber die Biographie des Autor hat mich etwas erschreckt. Außerdem habe ich mit den Bremer Stadtmusikanten gearbeitet. Beides musste ich umschreiben und kürzen, damit es für Deutsch-Anfänger verständlich wird. Außerdem habe ich Bildmaterial und ein Quiz zu jedem Autor vorbereitet. Und zum Schluss sollten die Kinder sich als Charaktere aus den Geschichten verkleiden und ihren Eltern erzählen, wer sie sind.
Wenn ich jetzt darüber schreibe, bin ich etwas traurig, denn durch das Dengue Fieber habe ich das Camp leider verpasst, weshalb auch meine Workshops ausgefallen sind. Wahrscheinlich kann ich das Material noch für einzelne Workshops in Schulen verwenden, aber trotzdem ...

Krank
Ich hatte übrigens nur zwei statt vier verschiedene Themen, weil ich mir vor dem Camp eine Erkältung eingefangen und ein paar Tage im Bett verbracht hatte. (Ja, in letzter Zeit scheinen Bakterien und Viren mich zu mögen ...)

Kannada-Unterricht
Von Kulturweit aus (naja, eigentlich verlangt das der deutsche Gesetzgeber und Kulturweit setzt es nur um) muss ich einen 30-stündigen Sprachkurs durchziehen. Ich habe mich für Kannada entschieden. Nein, nicht das Land, sondern die Sprache! In Indien gibt es ein paar mehr davon, weshalb mir die Wahl sehr schwer gefallen ist. Aber hier in Karnataka ist die Muttersprache der meisten Einwohner Kannada. Wobei gerade hier in Bangalore gefühlt jeder aus einem anderen Teil des Landes kommt und somit auch eine andere Muttersprache spricht. Deshalb war die Versuchung sehr groß stattdessen Hindi zu lernen. Aber eigentlich ist Hindi die Brückensprache im Norden und da ich mich im Süden befinde, ist das irgendwie doof. Außerdem sprach für Kannada, dass ich sehr schnell einen netten Lehrer gefunden habe, der eigentlich Deutsch am Goethe-Institut unterrichtet. Ich bin aber nicht seine erste Kannada-Schülerin. Sophia tut sich noch etwas schwerer mit der Wahl der Sprache, weil sie eigentlich Hindi lernen will. Das kann ich auch sehr gut verstehen, denn wer Hindi und Englisch kann, kommt grundsätzlich überall in Indien irgendwie klar. Trotzdem ist Sophia spontan mit zum Unterricht gekommen. Und was können wir jetzt?

Namaskara, hegeiddiri? (Hallo, Wie geht es Ihnen?)
Chennagi iddene. (Mir geht es gut.)
Nimma heserenu? (Wie heißen Sie?)
Nanna hesaru Anna. (Ich heiße Anna.)

Und bis 10 zählen können wir auch. Mehr aber auch nicht, da das Dengue-Fieber für eine Zwangspause gesorgt hat. Bisher habe ich genau 10 Prozent der notwendigen Stunden, mit denen ich eigentlich Mitte des Monats fertig sein sollte ...

Zu Hause bei Nilakshi
Das Schöne an einem FSJ ist unter anderem, dass man mit Einheimischen zu tun hat. Eine Kollegin hat Sophia und mich an einem Wochenende zu sich nach Hause eingeladen. Dort haben wir ihre ganze Familie kennengelernt. Es war ähnlich wie mit Sophias Freunden: Die Stimmung war sehr locker und wir konnten uns über so ziemlich alle Themen unterhalten, die uns in den Sinn kamen. Egal wie ernst sie waren.
Abgesehen davon gab es auch noch super leckeres Essen, das beinahe wie in Deutschland gewürzt war. (Damit meine ich nicht den Geschmack, sondern den Chilli-Anteil.) Und ich habe zum ersten Mal mit den Händen (sogar überwiegend nur mit der rechten Hand) gegessen. Und danach durften wir Saris von Nilakshi anprobieren. Sie kommt übrigens aus dem Norden, was den großen Vorteil hat, dass die Saris viel praktischer sind: Sie bestehen nämlich auch einem Rock und einer Stoffbahn wodurch letztere viel kürzer ist, als bei den Saris hier. D.h. ich könnte sogar lernen, ihn alleine anzuziehen. In ihrem Winterurlaub bei ihrer Familie will Nilakshi mir einen solchen mitbringen. Ich bin ein richtiger Glückspilz. :D

Diwali
Diesmal habe ich etwa durcheinander über mehr als eine Woche geschrieben, aber das wird besser, sobald ich die Realität eingeholt habe. Und bald ist es so weit. Im nächsten Bericht wird es im Diwali gehen. Das hinduistische Fest wirkt ein wenig wie eine Mischung aus Weihnachten und Neujahr. Aber davon später mehr.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Hinweis: Alle Themen und Erlebnisse, die ich auf diesem Blog anspreche, spiegeln meine ganz persönlichen Erfahrungen wieder. Ich nehme die Dinge aufgrund meines individuellen Hintergrunds möglicherweise anders wahr als andere Menschen. Ich denke, das gilt für alle Reisenden. Mir ist wichtig, dass niemand die Berichte hier als objektive Wahrheit annimmt und danach sagt: "So ist Indien!" Dafür ist Indien zu groß und die Menschen sind zu einzigartig.





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