Samstag, 18. November 2017

Poesie, Musik und Literatur

In dieser Woche war ich voller Tatendrang. Seit letzten Sonntag lag an jedem Tag und vor allem an jedem Abend etwas anderes an. Ich war in Cubbon Park, im Lahe und an einem sogar in einer ganz anderen Welt.


Sonntag - Cubbon Park
Ich hatte euch bereits im vorletzten Beitrag vorgewarnt, dass ich bald in ein Museum will. Das hat aber mal wieder nicht geklappt. Traurig bin ich deshalb aber nicht, denn was ich stattdessen erlebt habe, war viel besser: Am letzten Sonntag bin ich um 9:30 Uhr losgefahren, weil ich dachte, dass um 10:30 Uhr ein Gottesdienst in der St. Marks Kathedrale stattfinden würde. Falsch gedacht. Stattdessen gab es eine Gedenkfeier für Soldaten, die im ersten Weltkrieg gekämpft hatten. Auch daran hätte ich teilnehmen können. Allerdings habe ich den Redner kaum verstanden. Und ich weiß ja schon, dass die durchschnittliche indische Ansicht zum Thema Krieg arg von meiner abweicht. Deshalb bin ich nach einer halben Stunden gegangen. Und zwar Richtung Museum. Ich bin dann aber vom Weg abgekommen, weil ich in der ferne laute Musik, vor allem Trommeln, gehört habe. Beim näherkommen bin ich auf eine Parade gestoßen. Im ersten Moment hat mich diese sehr an einen Faschings-Umzug erinnert. Beteiligt waren allerdings in erster Linie Kinder, die in traditionell indischer Kleidung getanzt und getrommelt habe.
Eigentlich gehöre ich ja eher weniger zu den spontanen Menschen. Trotzdem bin ich dem Umzug
Die St. Marks Kathedrale
einfach hinterhergelaufen. Er führte an ca. 100 Ständen vorbei. Worum es dabei genau ging, weiß ich nicht. Alles war auf Kannada geschrieben. Allerdings wurden Dinge ausgestellt und verkauft, die größtenteils mit Kindern, Umweltschutz und ähnlichen Themen zu tun hatten. Und später habe ich erfahren, dass letzten Dienstag der indische Kindertag war. (Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das der Geburtstag des 1. indischen Präsidenten, der angeblich sehr kinderlieb war.) Vielleicht hängt das ja zusammen.
Ich habe jedenfalls die Gelegenheit genutzt um ein paar Geschenke für Vietnam zu besorgen. Und ich habe es sehr genossen den Kindern zuzusehen.

Das ist so schön und gleichzeitig unendlich traurig ...
Montag - Abendessen bei Poonam
Poonam (ebenfalls eine Mitarbeiterin in der Sprachabteilung) hat Sophia und mich am Montag spontan zum Kochen und Abendessen eingeladen. Es gab Daal (Linsen) mit Roti (Teigfladen) und irgendwas, dessen Namen ich vergessen habe. Es bestand jedenfalls aus Kartoffeln und Bohnen. Und obwohl das alles (abgesehen von dem Roti) nicht gerade meine Lieblingszutaten sind, hat es fantastisch geschmeckt. Das Rezept habe ich noch nicht, aber ich werde es mir auf jeden Fall besorgen.
Der Abend war auch sonst wunderschön. Wir haben viel über alle möglichen Themen geredet und ich habe ein klein wenig mehr über den indischen Alltag gelernt.

Dienstag - Writing out loud
Am Dienstag bin ich ins Lahe Lahe gegangen. Dort fand eine Art Autorentreffen statt. Der Kern der
Auch Erwachsene haben bei der Parade getrommelt.
Gruppe trifft sich schon seit Jahren einmal in der Woche. Jede Woche gibt es ein neues Thema, zu dem ein Gedicht geschrieben werden kann. Aber niemand ist dazu gezwungen. Man darf auch zum zuhören herkommen. Das war eigentlich auch mein Plan. Aber dann gab es am Anfang die Aufgabe, innerhalb von 10 Minuten ein Gedicht zu verfassen. Daran habe ich mich beteiligt. Das war mein erster freiwillig geschriebener, kreativer englischer Text. Beim Vorlesen hat mein Herz so sehr gepocht, dass es mir fast aus der Brust gehüpft wäre. Das war aber nicht nötig, weil die Gruppe wirklich extrem offen, aufmerksam und freundlich ist. Es gab auch mal ernste Diskussionen. Aber auf eine insgesamt sehr schöne weise. Ich weiß nicht so richtig, wie ich die Stimmung dort wiedergeben soll. Vielleicht so: Ich fühle mich im Lahe Lahe einfach jedes mal wahnsinnig wohl und gut aufgenommen. An vielen anderen Orten habe ich das Gefühl, dass ich als "Weiße" auffalle. Nicht negativ und nicht positiv, aber anders. Im Lahe Lahe nicht. Klar, werde ich gefragt, woher ich komme. Aber die gleiche Frage stelle ich auch immer. In Bangalore kommt nämlich fast niemand aus Bangalore. ;)

Fast alle anderen Mädchen waren perfekt geschminkt und
hatten lange geflochtene Zöpfe. 
Deshalb ist mir diese Gruppe aufgefallen.
Mittwoch - Musikabend im Lahe Lahe
Erinnert ihr euch noch daran, dass ich euch vor dem Dengue-Fieber von dem Musik-Abend im Lahe Lahe berichtet habe? Er findet jeden Mittwoch Abend statt und nun war ich endlich wieder da. Diesmal sind deutlich mehr Menschen da gewesen. Da ich die einzige Ausländerin war, lag der Fokus auf Liedern auf Hini, Thamil und (glaube ich jedenfalls) Kannada. Mitsingen konnte ich nur "Summer of 69". Aber das ist mir völlig egal. Die Stimmung war richtig schön und ich habe mich sehr nett unterhalten.



Donnerstag - Konversationskurs
Man wagt es kaum zu glauben, aber der Konversationskurs hat doch noch begonnen. Blöderweise ist
nur eine von erst 7 und dann 5 geplanten Teilnehmern gekommen. Die war natürlich alles andere als begeistert. Und dadurch ist auch mir die Stunde recht schwer gefallen. Allerdings hat die Schülerin eine interessante Frage gestellt, die ich gerne weitergeben würde: "Warum gibt es in Deutschland nur ernste Filme?"
Ich habe behauptet, dass nicht die Filme das Problem sind, sondern die Filmauswahl bei offiziellen Veranstaltungen. Irgendwie muss es da immer um die Verarbeitung des 3. Reichs gehen. Oder um dessen Folgen. Oder was weiß ich was. Als Gegenbeweis habe ich ihr dann von "Fack ju Goethe" erzählt. Der Film ist auch bei vielen Indern gut angekommen. Aber als ich die Handlung beschrieben habe, klang der Hintergrund dann doch wieder ernst. Was er ja auch irgendwie ist.
Sie meinte dann, dass es keine deutschen Filme gibt, die überhaupt keinen ernsten Hintergrund haben. In Indien gäbe es so etwas viel öfter. Da fiel mir dann nichts mehr zu ein ...

Freitag - Tintenherz
Kennt ihr Tintenherz? Das Buch von Cornelia Funke? Ich wollte es schon immer mal lesen, habe es aber (warum auch immer) nie getan. Der Raum, in dem ich Kannada lerne, ist in der Bibliothek des Geothe Instituts. Und wenn ich aus dem Unterricht komme, steht mir Tintenherz direkt vor der Nase. Irgendwann konnte ich dann nicht mehr widerstehen. Und nach den ganzen aufregenden Tagen, habe ich gestern einen Großteil des Buches gelesen. Es ist sooooooo schön. Ich habe mich in dem Buch direkt zu Hause gefühlt. Und der Schreibstil ... Ich könnte einen eigenen Blogbeitrag darüber schreiben, aber das passt wohl eher in den Buchblog.
Ihr denkt jetzt vielleicht, dass es dämlich ist, die Zeit in Indien mit deutschen Kinderbüchern zu verbringen. Aber glaubt mir, dieses Buch ist jede Minute wert und ich konnte die Auszeit für mich allein wirklich gut gebrauchen.

Samstag - Koffer packen
Während ich die erste Version dieses Berichts schreibe, ist es Nachmittag. Ich sitze auf meinem Bett zwischen einem riesigen Chaos, das ich innerhalb
der nächsten 2 1/2 Stunden beseitigen muss. Das ist aber nicht so leicht, wenn man für 10 Tage nach Vietnam reist und nur 7 kg Handgepäck mitnehmen darf ...
Am Montag beginnt mein Zwischencamp in der Nähe von Saigon (bzw. Ho Chi Minh City). Ich bin wahnsinnig aufgeregt und mega gespannt.
Leider heißt das auch, dass ich am nächsten Wochenende wieder keinen Bericht hochladen kann. Erstens habe ich vermutlich keine Zeit dafür und zweitens wiegt mein Laptop alleine schon um die 3 kg. Dann  müsste ich ohne Klamotten oder ohne meine Kamera auskommen. Das wäre beides blöd ... ;) Deshalb melde ich mich lieber wieder am übernächsten Mittwoch. Bis dahin wünsche ich euch allen eine wunderschöne Zeit!!!

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