Dienstag, 14. November 2017

Zwischen Aufregung und Enstpannung

In der Sprachabteilung des Goethe Institut Bangalore ist einiges los: Die Ausstellung "Umdenken" hat endlich begonnen, der Konversationskurs soll bald starten und gleichzeitig muss eine Schuldirektoren-Versammlung organisiert werden. Ganz "nebenbei" mache ich immer noch meinen Kannada-Kurs und bereite mich auf Vietnam vor. Fazit: Es herrscht Chaos auf meiner To Do-Liste ...

Aber der Reihe nach: Vorletztes Wochenende (04./05.11.17) habe ich mit Sophia nach einem passenden Ersatz für ihr gestohlenes Handy gesucht. Das war ziemlich anstrengend. Hier arbeiten nämlich deutlich mehr Menschen in den Geschäften als in Deutschland. Und sobald wir einen Laden betreten haben, wurden wir gefragt, ob man uns helfen kann. Das ist ja noch nett. Aber wenn man nein sagt und dann einen Schatten hat, ist das einfach nur nervig.
Zwischendurch waren wir an dem Wochenende auch noch arbeiten: Wir haben in den Wochenend-Kursen das neue iPad-Projekt der Bibliothek vorgestellt.


Diese Kuh stand nur 30 Meter von meinem Haus entfernt.
Sie frisst Grünzeug und kein Müll!
Von alledem haben wir uns am Abend mit einer Kopf- und Nackenmassage entspannt. Die war
wirklich gut und verglichen mit deutschen Preisen relativ günstig. Nervig war nur, dass ich das Öl erst nach 4 Tagen wieder aus den Haaren bekommen habe ...

Damit ich mich nicht zu sehr entspanne, war ich am Sonntag Morgen zum ersten Mal seit dem Dengue-Fieber joggen. Ich hätte es wohl lieber lassen sollen. Obwohl ich selbst für meine Verhältnisse langsam war, wurde mir nach 2 Minuten schwindelig. Ich bin dann also mehr spazieren gegangen. Dabei bin ich falsch abgebogen (in der Straße gab es mehrere Essensstände, die ich nicht kannte und ich war neugierig ...) und schon wusste ich nicht mehr, wo ich war. Ich wohne in einer Gegend mit sehr schicken Häusern von insgesamt eher wohlhabenderen Leuten. Und auf einmal war ich in einer Straße, wo Kinder mit Brettern statt mit Schlägern Kricket gespielt haben. Es brannten Feuer am Straßenrand und es hing überall Wäsche zum Trocknen. Und eine Straße weiter lag ein riesiger Müllhaufen, auf dem ein Hund und eine Kuh nach Fressen gesucht haben. Es ist ein komisches Gefühl einfach von der einen "Welt" in die andere zu spazieren. Und obwohl mich wirklich niemand doof angeguckt oder irgendwas gesagt hat, war es mir unangenehm einfach durch den Alltag dieser Menschen zu laufen.

In der Woche darauf gab es bei mir viel zu tun. Privat musste (und muss) ich an alle vier Geburtstage denken, die in der ersten Novemberhälfte anstehen. Das habe ich bisher auch ganz gut hingekriegt. ;) Falls meine Oma, mein Opa und Peter das hier lesen: Nochmal alles Liebe und Gute nachträglich!!!

Auf der Arbeit herrschte dagegen ein ziemliches Chaos. So sollte beispielsweise am letzten Dienstag (also vor einer Woche) der Konversationskurs von Sophia und mir beginnen. Aber er wurde am gleichen Tag abgesagt, weil es zu wenige Teilnehmer gab. Am Donnerstag gab es eine ähnlich kurzfristige Absage. Parallel dazu haben wir auf die Ankunft der Ausstellung "Umdenken" gewartet. Die kam allerdings einen Tag zu spät. Und als sie dann endlich da war, haben die Codes für die Schlösser gefehlt. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis wir die bekommen haben, wodurch sich so einiges verschoben hat.

Ich habe mich bei diesen Sachen die ganze Zeit gefragt, ob das jetzt typisch Indien ist, oder ob in deutschen Büros tagtäglich ähnliche Geschichten passieren. Mir fehlt die Berufserfahrung für den Vergleich. Ich merke jedenfalls, wie ich immer entspannter werde, was die Planung angeht und mich auch nicht mehr aufrege, wenn 5 Minuten vorher etwas verändert oder abgesagt wird. Ich mache meinen Job einfach so gut es mit den gegebenen Informationen geht. Und letzten Endes wird hier auch irgendwie immer alles gut. Die Ausstellung ist beispielsweise echt schön und steht jetzt auch ohne Probleme. Dafür hatten wir am Montag spontan eine Schulklasse da, die nur Englisch und kein Wort deutsch konnte. Und wir mussten spontan die ganze Ausstellung auf Englisch erklären. Und das mit meinem Englisch. Aber letzten Endes hatten die Schüler trotzdem viel Spaß. Und ich kenne ein paar neue Vokabeln.

Trotz Ausstellung und sonstigen Aufgaben habe ich noch immer Kannada-Unterricht. Mein Lehrer und ich treffen uns jeden Morgen um 9:15 Uhr. Meistens ist das ziemlich anstrengend für mich. Kannada hat mit Deutsch nicht allzu viel gemeinsam. Und Einzelunterricht ist eben auch nochmal eine andere Hausnummer als im Klassenzimmer zu sitzen. Beschäftigt haben wir uns letzte Woche vor allem mit der Familie, dem Essen und Restaurants. Blöderweise komme ich kaum mit dem Lernen hinterher. Denn nach der Arbeit ist meine Motivation meistens ziemlich gering. Deshalb habe ich den halben Samstag mit Lernen verbracht. Aber auf dem aktuellen Stand bin ich immer noch nicht.

Spaß macht das Lernen aber trotz allen. Mein Lehrer ist unheimlich geduldig und wiederholt die Vokabeln und Sätze auch noch ein 97 mit mir, bis ich sie verstanden habe. Dadurch hatte ich sogar schon ein kleines Erfolgserlebnis. Und zwar habe ein ganzes Wort einer Ansage am Bahnsteig verstanden: "swalpa" (ein bisschen). Ich weiß, das ist noch kein Grund zum Feiern, aber trotzdem ein sehr schönes Gefühl.
Nach der Arbeit (bzw. in diesem Fall nach dem Lernen) kommt bekanntlich das Vergnügen. Dafür bin ich am Samstag Abend ins Lahe Lahe gegangen. Dort wurde ein Zen Un-Tangle Kurs veranstaltet. Zen Tangle habt ihr bestimmt schon mal gesehen: Das sind die Bilder, die nur aus schwarzen, sich wiederholenden Linien und Mustern bestehen. Die Kunstwerke wirken oftmals sehr faszinierend, obwohl sie einfach gemacht sind. Es gibt, laut meiner Lehrerin, drei Regeln:

1. Das Bild muss einfach (also auch für Kinder nachmachbar) sein.
2. Das Bild muss aus Wiederholungen bestehen.
3. Das Bild darf keine Bedeutung haben.
Das Malen ist gleichzeitig eine Art Meditation. Man soll sich immer nur auf den nächsten
Strich konzentrieren. Wenn man dabei beginnt, über etwas anderes nachzudenken, soll man diese Gedanken zur Kenntnis nehmen und dann die Aufmerksamkeit auf den Strich zurücklenken. Aber nur auf diesen Strich. Der Rest des Bildes wird nicht geplant.





Wer diese Grundlagen gelernt hat, kann einen Schritt weitergehen und die eigene Kunst von Zen Tangle inspirieren lassen. Ich mag es zum Beispiel lieber bunt und habe relativ schnell angefangen, ein paar Farben zu benutzen. Aber Kunstwerke kann man meine Bilder wohl noch lange nicht nennen. Auf den Bildern hier, habe ich auch nur versucht, alles auszuprobieren, was uns die Lehrerin gezeigt hat. Wenn ich demnächst Zeit und Lust habe, versuche ich mich mal an einem richtigen Bild.
Eine kleine Vorschau für die nächste Woche

Für heute, war es das schon wieder. Ich weiß, ich bin schon wieder zwei Tage zu spät dran mit meinem Blog-Beitrag. Aber ich habe eine gute Ausrede: Am Sonntag bin ich versehentlich in eine Art indischen Faschings-Umzug geraten. Und gestern sind Sophia und ich spontan von einer Kollegin zum Abendessen eingeladen worden. Mehr darüber erfahrt ihr am nächsten Wochenende.




------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Hinweis: Alle Themen und Erlebnisse, die ich auf diesem Blog anspreche, spiegeln meine ganz persönlichen Erfahrungen wieder. Ich nehme die Dinge aufgrund meines individuellen Hintergrunds möglicherweise anders wahr als andere Menschen. Ich denke, das gilt für alle Reisenden. Mir ist wichtig, dass niemand die Berichte hier als objektive Wahrheit annimmt und danach sagt: "So ist Indien!" Dafür ist Indien zu groß und die Menschen sind zu einzigartig.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen